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Nahezu 23 % der indischen Bevölkerung wohnt in Städten. Die drei Großstädte Bombay, Delhi und Kalkutta haben zusammen über 27,5 Millionen Einwohner/-innen. Das sind ca. 33% der Gesamtbevölkerung Indiens. Auf das ganze Land umgerechnet haben diese drei Städte aber:

  • 12% der Universitätsstudierenden,
  • 15,5% 4er Krankenhausbetten,
  • 18,3% des Produktionswertes der Industrie,
  • 30,6% der Export~. und Importabwicklung,
  • 34,3% Telefonanschlüsse,
  • 90,3% des internationalen Flugverkehrs,
  • 53,4% des Einkommenssteueraufkommens.

nach Dirk Bronger: Indien. Größte Demokratie der Welt zwischen Armut und Kastenwesen. Gotha 1996, 5. 303.

Die drei indischen Metropolen sind somit die Wirtschafts- und Innovationszentren des Landes. Traditionelle und moderne Lebensweise existieren hier eng nebeneinander. Doch die beeindruckenden Zahlen können nicht darüber hinweg täuschen, dass sich gerade hier die Probleme Indiens ganz deutlich zeigen. Die Großstädte sind in den letzten Jahrzehnten sehr stark gewachsen. In Bombay beispielsweise kommen zu den Neugeborenen noch über 100.000 Menschen jährlich aus ganz Indien hinzu, die dort Arbeit suchen. Das hat dazu geführt, dass in Bombay, Delhi und Kalkutta pro qkm über 200.000 Personen wohnen. Das wären 2.000 Menschen auf der Größe eines Fußballfeldes. Zum Vergleich: In Berlin leben 3882 Einwohner/-innen pro qkm. Die Überfüllung der Städte führt natürlich zu enormen Problemen: Zum Beispiel gibt es nicht genügend Wohnraum. Überall entstehen deshalb Notunterkünfte, die sich die Wohnungslosen selbst zusammenbauen. Es wird geschätzt, dass in Bombay, Delhi und Kalkutta über 50 % der Einwohner/innen in Hüttensiedlungen und notdürftigen Unterkünften, den Slums, wohnen. Wasserversorgung, Stromversorgung, sanitäre Einrichtungen, Abwasserkanäle, Müllentsorgung, alles, was unser Leben bequemer macht, ist für einen großen Teil der Bevölkerung nicht vorhanden. Die Luftverschmutzung ist sehr hoch und der Lärm unbeschreiblich. Millionen Güter müssen täglich über verstopfte Straßen transportiert werden. Um den Personennahverkehr zu beschleunigen baut die Stadt Kalkutta seit 1972 an der ersten U-Bahn Indiens. Bis jetzt ist leider erst ein kleines Stück fertiggestellt.

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Ein Beispiel: Kalkutta

Kalkutta ist Indien im Brennspiegel. Alle Schönheiten und Hässlichkeiten finden sich hier auf engstem Raum. In Kalkutta leben mindestens zwölf Millionen Inder - und das sieht man auch. Überall gehen, laufen, stehen oder sitzen Menschen, gutgekleidete Anzugsmenschen, Geschäftsleute, Arbeiter, Verkäufer, fliegende Händler, Bettler und vor allem solche, die einfach auf der Straße wohnen. Über all den Bewohnern schwebt ein riesiger Smogteppich: Ein Tag in Kalkutta, heißt es, entspricht etwa dem Konsum von zwei Schachteln Zigaretten. Die Stadt selbst scheint weder Anfang noch Ende zu haben, schmucklose Betonklötze, einfache Einfamilienhäuser und Holzbaracken reihen sich aneinander, schnell verliert man im Gewirr der breiten Straßen und der schmalen verwinkelten Gassen die Orientierung. (...) Täglich kommen unzählige Menschen in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die Stadt. So steigt die Zahl der Slumbewohner ins Unermeßliche, denn niemand weiss, wie viele Menschen tatsächliche in der Hauptstadt Westbengalens leben. Der Effekt ist überall zu sehen: Eine Stadt - angelegt für 100 000 Menschen - platzt aus ihren Nähten. (...)

Wenige Meter entfernt vom Einkaufsparadies sitzen die Ärmsten der Armen auf dem Gehsteig neben ihrem Besitz, der oft nur aus einer Plastikplane für die Nacht besteht. In Kalkutta prallen die Gegensätze von Arm und Reich hart aufeinander. Außer in den in sich geschlossenen Slums rund um die Howrah-Bridge leben die Armen praktisch überall, wo Platz ist, auch neben den Luxushotels und in den Vierteln der Neureichen und Besserverdienenden, auf Gehsteigen, unter Dachvorsprüngen oder auf Grünstreifen zwischen den Fahrzeugspuren. Arme wie Reiche akzeptieren dieses Nebeneinander mit scheinbar stoischer Ruhe; die Reichen kümmern sich nur um ihr eigenes Wohlergehen, genießen Kabelfernsehen, Air-Conditioning und das Leben in exklusiven Clubs oder Cricket-Anlagen, die Armen hoffen fest auf die hinduistische Heilslehre und auf ihr nächstes, besseres Leben nach der Wiedergeburt. Trotz allem Elend spürt man aber auch in den Slums Lebensfreude, Kinder spielen begeistert mit einem Stoffbündel Fußball, Frauen tratschen beim Wasserholen am Brunnen. Auch die Ärmsten haben ihren Stolz (...). Das hängt wohl auch mit der Rachegöttin Kali zusammen, die Kalkutta den Namen gab. Kali verkörpert Stolz, Selbstbewußtsein und Durchsetzungsvermögen. Diese Eigenschaften haben offenbar stark abgefärbt, nicht ohne Grund ist Kali die meist verehrte Göttin in Kalkutta.

Gekürzt aus: Robert Probst: Ein Spaziergang durch die Pestbeule Kalkutta

Kalkutta liegt im Osten Indiens, nahe der Grenze zu Bangladesch und ist die Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen. Bei der Volkszählung von 1991 hatte Kalkutta 10,9 Millionen Einwohner. Mit 74 selbständigen Gemeinden bildet Kalkutta die größte Stadtregion Indiens. Sie ist das Wirtschaftszentrum im östlichen Indien. Juteweberei, Baumwollverarbeitung, Maschinen- und Fahrzeugbau, elektrotechnische und chemische Industrie sowie die Nahrungsmittelindustrie sind die wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt. Es gibt in der ostindischen Stadt zahlreiche Forschungseinrichtungen und drei Universitäten

 

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Leben in den Slums

Slums

kein Strom
kein Wasser
keine Kanalisation

viel Ungeziefer
viele Ratten
viele Kinder

keine Schulen
keine Arbeitsstellen
keine Möglichkeit,
seine Lage zu ändern

viel Pappe
viele Stangen
viel Blech
und doch keine Hütte,
die Schutz bietet

 


Kriminalität
Prostitution
Alkoholismus

Nichts zu essen
Hunger
Abfälle
von der Müllkippe

Lethargie
Trostlosigkeit
Hoffnungslosigkeit
Das ist auch Leben!

Peter Cronenberg: In: L. Meier (u.a.) :Die Erde. Lebensraum des Menschen. Donauwörth 1985, 5. 146.

Viele Menschen in indischen Städten wohnen in Elendsquartieren, in Behausungen ohne Strom und Wasser. Sanitäre Einrichtungen wie z.B. Latrinen gibt es kaum. Auf engstem Raum wohnen viele Personen, meist aus den unteren Kasten, zusammen. Über 70 % von ihnen sind arbeitslos. Da sie fast alle Analphabeten/-innen sind, haben sie kaum Aussichten, eine geregelte Arbeit zu finden und die Chancen auf ein besseres Leben sind daher nur gering. Viele durchstöbern Müllkippen nach verwertbaren Materialien oder führen bestenfalls Gelegenheitsarbeiten aus. Die meisten sind unter- oder fehlernährt und krank. Häufig leiden die Menschen unter Darm-, Haut- und Augenkrankheiten; vor allem Tuberkulose und Malaria sind weit verbreitet. Jedes vierte Kind überlebt das erste Lebensjahr nicht. Die Slumgebiete werden oft für Neubauten abgerissen und ihre Bewohner/-innen vertrieben. Die indische Regierung hat in den letzten Jahren zwar mehrere Hilfsprogramme durchgeführt, z.B. Wohnblöcke mit einfachen Wohnungen errichtet oder am Stadtrand erschlossenes Bauland günstig zur Verfügung gestellt. Für viele Menschen aus den Slums ist die Miete aber zu hoch. Ein anderer Versuch ist die Duldung einzelner Slumgebiete und die Verbesserung der Bausubstanz der Hütten, damit der nächste Monsun sie nicht wieder wegschwemmt. Auch Wasser- und Stromleitungen sowie Latrinen werden gebaut. Noch schlimmer als den Slumbewohnern geht es den Obdachlosen. In Bombay sind das etwa 4 % der Bevölkerung. Sie werden pavement-dwellers (Gehsteigbewohner) genannt weil sie auf den Gehwegen leben. Als Schutz vor der Witterung besitzen sie oft nur etwas Pappe, eine Zeltplane oder ein Stück Stoff.

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