Malerei
Die indische Malerei bietet eine ästhetisches Abfolge,
die von den ersten indischen Zivilisationen bis in die Neuzeit reicht.
Diese indische Kunstform ist lebhaft und aufregend, wird stetig
verfeinert und komplexer, kühn und energisch zur gleichen Zeit.
Nachdem anfangs die Malerei nur Ausdrucksmittel der Religion war,
entwickelte sie sich über die Jahre zu einer Mischung der vielen
Traditionen, die sich gegenseitig beeinflussen.
Wandbilder/Fresken
Im
4. Jahrhundert begannen die Arbeiten in einem versteckten Tal
im Westen Indiens zu einem einem neuen buddhistischen Kloster-
und Gebetshallenkomplex, den Ajanta Höhlen.
Die Mönche, die hier während der Regenmonaten wohnten,
erprobten neuartige Möglichkeiten großformatige Gemälde
an ihre Höhlenwände zu bannen und diese auch möglichst
langlebig zu fixieren, daher sind noch heute die Wände und
Decken der Räume mit kraftvoll farbigen Fresken versehen.
Diese Gemälde bezeugen die Qualität der damaligen Methoden
und Kenntnisse, die nie übertroffen werden konnte.
Die Darstellungen der Wandmalereien reichen von buddhistischen
Legenden bis hin zu dekorative Pflanzen- und Tiermuster. Sie vermitteln
dauerhaft die menschlichen Werte und geben auch die damaligen
gesellschaftlichen Strukturen wieder. Das goldene Zeitalter Indiens
unter den Mauryan
Reich wurde vom luxuriösen Leben und Herrlichkeit geprägt,
in dieser Ära des Wohlstandes fallen auch diese herausragenden
Wandgemälde.
Diese Fresken dienen aufgrund ihrer Vorreiterrolle in Sachen großformatige
Wandbilder als Vorlage und Standard für weitere Länder des asiatischen
Raumes. Die Vielseitigkeit der Linien und Formen, die Farbgestaltung und
die Komposition sind das entscheidende Merkmal dieser Kunstform. Die Bilder
erzeugen ein Gefühl von Ehrfurcht, Staunen und Bewunderung bei den
meisten Betrachtern, der in sich in eine Bewußtseinsebene versetzt
fühlt, wo Klänge, Farben und fühlbare Konturen eine eigene
Wirklichkeit bilden.

Miniaturen
Der
Grundgedanke des visuellen Ausdrucks der Miniaturenmaler liegt in
den Ideen der Symbolik. Mit der Symbolsprache geben sie ihre Umwelt
mit der umgebenden Natur, die reich an Wunderlichem, Ehrfurchtsvollem
und Vergnüglichem ist, wieder und übertreffen sich immer
wieder darin, Inhalte, die weit über die normalen Funktionen
von Linien und Flächen hinausgehen, zu vermitteln.
Der Maler genießt es die andere Dimension der Objekte aufzustoßen,
er verändert damit die Sichtweise des Betrachters, weg von vielfältigen
Eindrücken, hin zu einem einheitlichen Gedanken, von der unbeständigen
zu einer immer präsenten Erscheinung. Themen, die von den Mythen hervorgebracht
wurden, dienen als Basis für die Umwandlung von Natur in Kunst,
um die Erscheinungen der Existenz, des Menschen, des Übernatürlichen
oder Göttlichen endecken zu lassen.
Die indischen Miniaturmalereien vermitteln einen langsam wirkenden,
aber lang anhaltenden und sehr persönlichen Eindruck bei
einem Betrachter. 'Miniatur' bezieht sich im wesentlichen auf
Bilder, die ein kleines Format, sorgfältig ausgearbeitet
Details und einen sauberen Pinselstrich aufweisen. Die Kunst der
handteller-großen Bilder wurde ursprünglich Patra-lekhana
genannt, später aber wurde der verallgemeinernde Begriff
Pata chitra verwendet, um
sich von den Wandbildern abzugrenzen, er umfasst auch bemalte
Schriftrollen und Tafeln.
Dennoch sind diese Bilder keine gekürzten Versionen der
künstlerischen Ausdruckskraft, sondern bilden die Grundlage
der indischen Musik und Kunstformen. Die meisten dieser meisterlichen
Arbeiten sind visuelle Kreationen, in denen die Ragas
oder Musikarten der klassischen indischen Musik aufgearbeitet
werden. Die Miniaturenmaler, die an den mittelalterlichen Höfen
lebten, entdeckte das Potential des grenzenlosen Selbstdarstellens
in ihren Schilderungen und heute sind noch etwa 130 dieser Sätze
bekannt.
Die ersten dieser kleinen bildhaften Visionen erschienen in der Kulturszene
des 5. Jahrhunderts und zeigten das höfische Leben in all seinen Einzelheiten,
wie die Kleidung der Menschen, die Landschaftsarchitektur oder die Einzelheiten
von Gesichtern. Die Thematik gaben den Arbeiten eine Art Gleichmäßigkeit
und ein Gefühl der Schönheit und erhabenheit der damaligen Zeit.
Die verschleierte Frau mit der eingedrückten Nase und den Hasenaugen
in einer anmutigen Stellung mag nun nicht unbedingt ein Kunstwerk sein,
zeugt aber von dem schätzenswertem Charme der vergangenen Zeit.
Trotz dieser Uniformität gibt es klar erkennbare Unterschiede,
die auf die verschieden Kunstschulen zurückzuführen
sind. Die Schulen in Mewar, Udaipur oder
in Jaipur
in Rajasthan
haben ihre Wüstenlandschaft und besondere Architektur in
ihre Werke aufgenommen. Die Bergkönigreiche von Kumaon
und Kangra sind von feine Zeichnungen geprägt,
während die Plateauregionen von Malwa
und Bundelkhand sich auf Pinselarbeiten spezialisiert
haben. Den Höhepunkt der Miniaturserien stellen die Arbeiten
der Mughal
dar, die der Herrschaft der Kaiser Akbar und Jehangir
zugeschrieben werden. Diese stellen die Herrscher selbst,
wie auch historische Persönlichkeiten und Musiker dar.
volkstümliche Malerei
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Die weniger bekannte Tradition der indischen Malerei, die sogenannte
"volkstümliche Kunst", kann nicht direkt in eine Zeit zurück
datiert und eher als "zeitlos" bezeichnet werden. Diese lebendigen
Traditionen sind im wesentlichen mit den historisch-traditionellen
Gegebenheiten, denen sie entstammen, verbunden. |

Zeitgenössische Kunst
Mit
der Ankunft der Briten, bekam auch die Malerei in Indien neue Impulse.
Dieser Periode erwuchs eine indo-europäische Malereigattung,
die als Company Style (Gesellschaftsstil)
bekannt wurde. Noch einmal erwachte das Bewußtsein der Kunst
für sich selbst, so wie es auch das politische Bewußtsein
tat.
Zwei prominente Namen, die die Kunst des 20. Jahrhunderts in
Indien geprägt haben sind Amrita
Shergil - eine in Paris ausgebildete Frau -
und Rabindranath Tagore. In
dieser Periode kämpften die Inder nicht nur um politische
Unabhängigkeit, sondern befreiten sich auch selbst von ihren
traditionellen Gedankengängen. Viele der Kunstwerke dieser
Ära beschäftigten sich mit diesem Erwachen des gesellschaftlichen
Bewußtseins.
Mit der Unabhängigkeit entstand auch eine neue Kunstschulen in
Bombay, die die
Progressive Artists Group
(progressive Künstlergruppe) genannt wurde. Die prominentesten
Künstler dieser Gruppe waren Francis
Newton Souza, der Begründer, und Maqbool
Fida Husain. Die Malerei nahm in dieser Zeit neue Züge
an - kühn und stürmisch auf der eine Seite und zart
und zauberhaft auf der anderen. Gulam
Muhammed Sheikh, Bhupen Khakkar und Sundaram sind andere
Berühmtheiten der zeitgenössischen Kunstszene Indiens.
Die meisten zeitgenössischen Bilder beinhalten bildliche
Darstellungen, die prosaisch, farbig und äußerst
geladen sind, und erschaffen ein Kaleidoskope der Menschlichkeit
und der Stellung des Menschen in der modernen indischen Gesellschaft.
Die indischen Gemälde haben sich damit eine Gestalt ihrer selbst
neu erschaffen. Sie benutzen Materialien und Techniken aus aller Welt,
drücken aber die indische Realität und indischen Erfahrungen
aus. Der Respekt für Tradition und die Fähigkeit, über
sie hinausgehen zu können, offenbart sich in der heutigen indischen
Kunst. Das sind die Hauptzüge des als Eklektizismus bezeichneten zeitgenössischen
Ausdruckes indischer Malerei.
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